Den Wallfahrtsgedanken neu zu erfinden, so wie viele Dinge in heutiger Zeit neu erfunden werden, das ist beileibe nicht nötig. „Wallfahren“ so heißt es in der Übersetzung bedeutet in eine bestimmte Richtung zu ziehen. Es handelt sich um eine traditionelle Reise, die auf einem religiösen Hintergrund basiert, aber auch stark sozial geprägt ist. Eine Wallfahrt führt zu Begegnungen und Austausch zwischen Gläubigen. Das sind Aspekte, auf deren Suche sich nach wie vor viele Menschen machen. Und so hat die Kunterweg-Fußwallfahrt von Anger zu dem Kirchlein in der Ramsau schon seit 26 Jahren Bestand.

Mehr als 40 Teilnehmer treffen sich am frühen Sonntagmorgen um 3.30 Uhr an der Angerer Mariensäule zum gemeinsamen Abmarsch. Von unsicheren Witterungsprognosen hatten sie sich nicht abschrecken lassen. Organisatorin Ulli Traxl heißt die Gruppe willkommen. Es ist eine bunte Mischung an Wallfahrern - aus dem gesamten Pfarrverband und Nachbarpfarreien sind sie gekommen. Viele sind schon zum wiederholten Male dabei, manche machen sich das erste Mal auf den mehr als 30 Kilometer langen Weg. Die Strecke führt zunächst in stockdunkler Nacht abseits der Fahrstraßen nach Aufham, und schon nach wenigen Metern sind die Teilnehmer in das Rosenkranzgebet vertieft. An der kleinen Kapelle in der Kirchenstraße wird kurze Rast zur Andacht eingelegt, danach geht es über Fluren und Wiesen durch Unterberg und Urwies nach Piding. In Aúfham und Piding kommen noch einige Pilger mit dazu. Heuer hält die Gruppe auch an der „Strailachkapelle“, sie stellt die Grenze des Pfarrverbandes zu Bad Reichenhall dar und Ulli Traxl erklärt kurz die Geschichte des Bauwerks. Über den Steg an der Staufenbrücke geht es nun entlang am tosenden Wasser der Saalach. Inzwischen ist die Natur erwacht und fröhliches Vogelgezwitscher mischt sich in das laute Gurgeln des Flusses. Es fängt leicht an zu regnen, doch für die Wallfahrtsgruppe stellt dies kein Hindernis dar. Alle sind gut ausgerüstet und freuen sich auf die kurze Rast am Seniorenwohnheim Riedelstraße. Die Mitarbeiter des Roten Kreuzes, die schon seit dem Start in Anger dabei sind, erwarten die Pilger mit heißem Tee. Gut gestärkt geht es um 7.00 Uhr in die nächste Etappe und dank der Motivation von Ulli Traxl gelingt es sogar, einen Kanon zu singen. Wieder sind Pilger mit dazugekommen. Zügig geht es durch die Straßen der Kurstadt, hinauf nach Kibling und dann unter einem schützenden Blätterdach den Saalachsee entlang. Es tropft von den nassen Bäumen, doch inzwischen lichten sich die Wolken und die Sonne verströmt frühsommerliche Wärme. Um den Gebirgsstock der „Reiteralpe“ wabern weiße Wolkenfesten, neugierig kommen Kälber an ihren Zaum um zu beobachten was hier am frühen Morgen schon los ist. Die Gruppe ist ins Rosenkranzgebet vertieft, verschiedene Aspekte und Belange werden angesprochen. Es wird unter anderem um den Frieden zu Hause und in der Welt, für Kranke und Schwache, für Partnerschaften und Familien gebetet. Es besteht aber auch genügend Freiraum, um dem persönlichen Wallfahrtsgedanken nachzusinnen. Nach einer kurzen Pause in der Fronau geht es nun hinauf zum „Wachterl“. Allerdings muss hier noch ein steiles Wegstück überwunden werden. Die landschaftlichen Eindrücke belohnen die Anstrengung. Der „Schwarzbach“ stürzt tosend zu Tal, von den Berghängen kommen angesichts der Schneeschmelze klare Wasserfälle und das satte Grün an den Schwarzbachalmen ist eine Wohltat für die Augen. Mancher erreicht schwitzend und mit hochrotem Kopf das Etappenziel und nochmals gibt es eine kurze Rast. Erwartet wird die Gruppe von weiteren Gläubigen aus dem Pfarrverband, so dass sich rund 100 Pilger auf den letzten Streckenabschnitt machen. Vorbei am Taubensee, hinunter über die „Alte Reichenhaller Straße“ durch eine Freiweide geht es nun in Richtung Ziel. Lautstarkes Glockengeläut begrüßt die Pilger, erst auf den letzten Metern wird das schmucke Bauwerk sichtbar, das gut zwischen Bäumen verborgen ist. Kaplan Stefan Leitenbacher erteilt den Pilgersegen und die Wallfahrer ziehen in die Kirche ein. Hier werden sie mit einer beeindruckenden musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes belohnt. Angers Kirchenmusikerin Martina Jakob und Sebastian Höglauer auf der Trompete gestalten die Messe. Pfarrer Christoph Kronast ist aus dem Pfarrverband gekommen, um mit den Pilgern  Eucharistie zu feiern und Ulli Traxl bedankt sich abschließend bei all jenen, die seit mehr als zwei Jahrzehnten ihren Beitrag zur Fußwallfahrt nach Maria Kunterweg leisten. Allen voran den Mitarbeitern des Bayerischen Roten Kreuzes, die den Wallfahrtsweg begleitet und für die Versorgung und Sicherheit der Teilnehmer gesorgt haben. 

Text/Bilder: M. Horn